Sehen und gesehen werden
Ein Spaziergang durch den Hofgarten in Innsbruck. Für uns heute ein ganz normaler Vorgang. Dabei war das Promenieren, Flanieren und Spazieren lange Zeit nur den privilegierten Klassen, also vor allem dem Adel, vorbehalten. Diese errichteten sich großflächige Privatgärten und Parkanlagen um hier ungestört, abgeschottet von ihren Untertanen, zu lustwandeln.
Ab circa 1780 konnte sich der Spaziergang beim aufstrebenden Bürgertum etabliert. Jedoch mussten sich die Bürger und Bürgerinnen die öffentlichen Wege und Plätze erst aneignen um das neue Freizeitvergnügen praktizieren zu können. Alleen und Promenaden wurden auf Betreiben der Bürgerschaft angelegt und dienten als Begegnungszone und Kontaktbörse für die bürgerliche Mittel- und Oberschicht. Diese genossen die öffentlichen Grünflächen um die frische Luft zu genießen, zur geselligen Unterhaltung, als Darstellungsplattform und als Treffpunkt für Gleichgesinnte um eine Art Zusammengehörigkeit zu präsentieren oder einfach um „sehen und gesehen zu werden“. Auf Druck der Bürgerschaft wurden dann auch die Gärten und Parks der Adeligen für die Öffentlichkeit geöffnet. Stadtmauern und Stadtwälle wurden abgerissen und Grünanlagen errichtet. Die ersten Jahre des 19. Jahrhunderts gelten auch als Geburtsstunde des öffentlichen Grüns.
(Stadtarchiv Innsbruck, Ph-25510)