Der rote Hannickel
Im Bauerntheater in Pradl, das im Lodronischen Hof in der Egerdachstraße 11 untergebracht war, wurde am 3. Mai 1903 „Der rote Hannickel“ – ein Volksstück mit Gesang in vier Akten – von der I. Tiroler Original Bauernspieler-Gesellschaft erstmals aufgeführt. Das Stück stammt aus der Feder des Münchner Juristen und Schriftstellers Richard Manz, der sich wohl vom Stoff der von Hermann von Schmid im Jahr 1860 verfassten Dorf- und Räubergeschichte „Huberbäuerin“ inspirieren ließ.
In den Innsbrucker Nachrichten erschien am 6. Mai 1903 ein wohlwollender Bericht über die Aufführung: „Jüngst waren es die „Räuber auf Maria Kulm“, die aus dem Egerlande nach Pradl kamen, am letzten Sonntag begegneten wir dem „roten Hannikel“, diesem „bayerischen Hiasel“ im Weiberrock, der aus dem uns näherliegenden bayerischen Hochland kam und mit seiner Habgier und seinen drei Liebhabern, seiner Rachgier und seinen falschen Liebesseufzern über die Pradler Bühne tollte. Es hieße Eulen nach Athen tragen, wollten wir die Begebenheiten, die sich vor unseren Augen abspielen und die uns Hermann von Schmid, dieser hochbegabte Novellist, in seiner bekannten Erzählung vorführt, hier neuerdings wiederholen. Aus der letzteren hat Richard Manz das Volksstück herausgearbeitet, das, mit Vorliebe von Schlierseern aufgeführt, vermöge seiner vielen packenden Situationen und mancher gelungener Charakterzeichnung auch bei uns viel Interesse wachrief, das durch die wirklich gute Darstellung, die dem Stücke zuteil geworden, noch gehoben wurde. Die Bombenrolle der Huberbäuerin brachte Frau Weiß, die in den Geist dieser Rolle tief eingedrungen, bestens zur Geltung, besonders beherrschte sie das Boshafte und Satanische dieses weiblichen Schurken mit seltener Vollkommenheit; sie würde sich damit auch auf jeder anderen Bühne damit Effekt machen. Ihre drei Kumpane, die Knechte Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3, spielten der Reihe nach: Den gegenwärtigen (Hans) Herr Anton Lehner, den verflossenen (Hiasl) Herr Fritz Berner und den zukünftigen (Pauli) Herr Hugo Wellner, an welchem Trio wir nichts auszusetzen wüßten. Herr Bayer bewährte seine Routine auch als Brandlbauer. Die resolute Rosi war in den Händen des Fräulein Gerta Lener gut aufgehoben. Die „hohe Obrigkeit“, den Polizeidiener Schnapper, repräsentierte der lustige Karl Rauter, an dem wirklich ein Berufsschauspieler verloren gegangen ist, mit seiner urwüchsigen Komik. Der Mann hat immer sein Rollen im Kopfe – und verschnappt sich nie.“
(Stadtarchiv Innsbruck, Pt-23-1)
Der Hannickel im Weiberrock…DAS ist Genderverweigerung! 🙂 .
Die Beschreibung https://www.theaterverbandtirol.at/stuecke/3555 scheint aber anzudeuten daß dies als Oberbegriff für die ganze Bande gedient hat.
Das Stück muß sehenswert gewesen sein. Schon allein deshalb, weil die ewige Standardrolle „beider Sohn“ nicht vorkommt.