Ende im Dschungel
Im Jahr 1970 befand sich Kurt Reuter wieder einmal auf Entdeckungsreise in Innsbruck. Abseits des Großstadtdschungels, wie man deutlich sehen kann. Er spazierte einen Privatweg zwischen zwei gut eingezäunten Grundstücken entlang – die linke Einfriedung unten auf Betonsockel, die rechte oben mit Stacheldraht gesichert – und dann. Ende im Gelände. Ein Eisentor zu einem weiteren Grundstück. „Privatweg zwischen Villen. Ende im Dschungel,“ nannte Reuter deshalb die Aufnahme sehr treffend.
Ich weiß, es ist gemein, weil jegliche Türme und Berge fehlen, aber ich frage trotzdem: Haben Sie Ideen, wo Kurt Reuter hier verschollen sein könnte? Und ich kann verraten: Es gibt noch ein zweites Bild, mit dem es dann ein kleines bisschen leichter wird. Ach ja – aufgrund des besagten zweiten Bildes bin ich ziemlich sicher, dass das obenstehende Bild bei uns seitenverkehrt eingespielt wurde. Untenstehend noch die gespiegelte Version:
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, KR-NE-8839)
Geschätzt: Ziemlich oberhalb von Arzl – ich glaube da unten die Amraser Kirche zu sehen. (Aber bin wahrscheinlich wieder ganz daneben!)
Jedenfalls war es schon 1970 ein ehrwürdig eingewachsener Besitz. Schiefe Holzhäuschen, schadhaftes Dach beim Nachbarn, alte Gartenmauer, nur die Zäune sind als letztes Bollwerk gegen die gefürchtete Besitzstörung neueren Datums. Daß man sich hier nicht gerade auf Talniveau befindet, hat ja schon Frau Stepanek beobachtet. Ihren Amraser Kirchturm kann ich zwar nicht entdecken, aber mit Amras kenn ich mich bekanntlich so wenig aus, daß ich manchmal versehentlich Aldrans dazu sage. Und zwar seit Jugendzeiten.
Die zahlreichen Nadelbäume lassen auf Nähe zum Mühlauer? Arzler? Amraser? Wiltener? Mentelberger? Wald schließen. Wenn man sich aber den Schattenwurf anschaut, dann fällt die Südseite schon einmal weg. Nordseite Anfang Juni um 3 Uhr nachmittags zum Beispiel. Da stimmt die Richtung der Sonne und die Schatten sind deutlich kürzer als die Höhe der Schattenspender, und zu solchen Zeiten sind auch die Spaziergänger unterwegs. Aber wir wissen noch nicht genau wo.
Ich bin Ende September einmal von der Hungerburg zu Fuß nach St, Nikolaus hinunter gegangen. Auch wenns zum Wiedererkennen nicht langt, aber so sah es z.B. dort aus.
Herrn Reuters Erlebnis kenne ich nur zu gut. Man hat ein Wegele gefunden, folgt ihm minutenlang und dann kommt man drauf, daß man von der Rückseite zum verschlossenen Eingang gekommen ist.
Beim Begriff „Villen“ denkt man als Innsbrucker*in vermutlich zunächst an den Saggen. Da die Aufnahme in steilerem Gelände gemacht wurde, dachte ich als nächstes an Mühlau oder Hötting. Den Amraser Kirchturm konnte ich nicht entdecken, mit sehr viel Vergrößerung und noch mehr Fantasie, weil ziemlich unscharf, aber evtl. den der Kapelle Mariahilf vom Schloss Mühlau (Ansitz Rizol-Grabenstein) mit Zwiebelhaube. Der Standort des Fotografen müsste dann irgendwo oberhalb des Mühlauer Friedhofes, Josef-Schraffl-Straße – Wurmbachweg, gewesen sein. Allerdings großes Fragezeichen.
Ich wiederum bild mir ein, den Ampasser Glockenturm erkennen zu können, und jede Menge Häuser im Tal.
Hinter jedem Wort ein Fragezeichen dazudenken: https://postimg.cc/hJRMyfbm
….und die Verbindung zwischen der Amraser Kirche und dem Zwiebeltürml vom Ansitz Rizol würde, verlängert, geradeaus zu einem Haus an der Josef-Schraffl-Straße zielen…
Jetzt bin ich reif für die Lesebrille. Ich sehe hinter dem Gittertor nur eine Brachfläche. Und ich würde das Ambiente eher einer Wochenendhüttensiedlung zuorden. Gramartboden z.B.
Vielleicht hat der Fotograf nur einen sarkastischen Witz gemacht und die „Villen“ waren die von Ihnen vermuteten Wochenendhäuser. Das kaputte Vordach würde dazupassen. Mit Vergrößerungen muß man überhaupt aufpassen. In Originalgröße sieht man ein für 1970 zu modernes Auto, welches sich beim Vergrößern in Stacheldraht auflöst. Ebenso verschwinden die „Häuser“ bei nochmaliger Vergrößerung wieder und man blickt auf eine Schotterstraße.
Ich gehe jedenfalls davon aus, daß Herr Reuter auf einem der zahlreichen Wanderwege im Bereich Gramartboden bis Mühlau unterwegs war und dabei eine vermeintlich geniale Abkürzung in Richtung Stadt gewählt hat.