1945 – Ein Blick zurück
Am 29. April 1945 notierte die Innsbruckerin Anna Mutschlechner (1871-1951) in ihr Tagebuch: „In der Stadt herrscht eine merkliche Unruhe. Viel Militär ist zu sehen. Allerlei Gerüchte durchschwirren die Stadt. Flieger sind eingetroffen. Es heißt sie kämen von der Südfront und wissen nicht wohin sie noch starten können.“ Nur vier Tage später, in den Abendstunden des 3. Mai 1945, rückten US-amerikanischen Truppen kampflos in unserer Stadt ein, das verbrecherische NS-Regime war gestürzt, der Zweite Weltkrieg für die Innsbruckerinnen und Innsbrucker zu Ende, während anderswo noch gekämpft wurde.
Mit der der deutschen Kapitulation am 8. Mai war der europäische Krieg zu Ende gegangen, doch kämpften europäische Soldaten drei weitere Monate im Fernen Osten, bis sich die Japaner bedingungslos ergaben. Erst mit Japans totaler Niederlage war der Weltkrieg zu Ende.
Ian Kershaw, Höllensturz. Europa 1914 bis 1949, München 2016, 552.
Das Ende des Zweiten Weltkrieges markierte auf globaler und europäischer Ebene eine tiefgreifende Zäsur, deren Folgen die Welt bis 1989/1991 und darüber hinaus prägt(e). Nicht weniger Aufmerksamkeit verdienen jedoch die Ereignisse auf regional- und lokalgeschichtlicher Ebene, wie etwa Horst Schreibers lesenswerte Darstellung von „Krieg und Alltag in Tirol 1945“ eindrucksvoll illustriert. Und so freut es uns sehr, dass wir Ihnen – in Kooperation mit dem Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck – in den folgenden Tagen und Wochen Beiträge über das Kriegsende in Nord- und Südtirol vorstellen dürfen. Die Texte wurden von der Historikerin Eva Pfanzelter und dem Historiker Peter Pirker verfasst und vermitteln einen Eindruck von der Vielschichtigkeit der Ereignesse und Entwicklungen dies- und jenseits des Brenners zwischen April und Juni 1945.
(Titelfoto: französische Soldaten in Jeeps am Rennweg auf der Höhe des Innstegs, StAI, 06.70.04-58)