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Mühlauer Villenpanorama I

Mühlauer Villenpanorama I

Eine besondere Qualität der Mühlauer Wohnsituation ist der beinahe freie Blick aufs Mittelmeer. Durch die extreme Hanglage der ehemals schwer zu bestellenden Wiesen und Felder der Mühlauer Bauern wurde die Gegend besonders von wohlhabenden Bürgern der Stadt geschätzt, die sich beruflich als Universitätsprofessoren, Hohe Militärs oder Unternehmer nicht allzu weit vom Zentrum entfernen wollten und dabei doch die Illusion des Wohnens im Luftkurort leben wollten.

Nur selten gelang einem Außenstehenden ein Blick in diese Häuser. Die Bourgeoisie ist diskret und vielleicht genau deswegen stach den erfahrenen Innsbrucker Fotografen und Bergsteiger Much Heiss der Hafer und er drehte die Perspektive um. Er erklomm an einem Junitag das höchste Gebäude des Saggens und richtete von dort sein Objektiv fünf Mal gegen Norden. Dabei entstand ein einzigartiges hochauflösendes Zeitdokument, dem sich diese Miniserie widmet. A propos Zeitdokument: Die Hungerburgbahn steht schon (also ist es nach 1906) und die Kettenbrücke steht noch (tat sie bis 1938). Wir werden noch genauer hinkommen. Schätzungen zur Zeit der Aufnahme und Kommentare zu den abgebildeten Häusern sind stets willkommen.

Im ersten Bild muss man die Weiherburg erst finden, die gut versteckt in ihrem Wäldchen ruht. Der Tuffbach zwischen Weiherburg und Judenbühel markierte die alte Grenze zwischen dem Gericht Sonnenburg und dem Gericht Thaur – mit ein Grund, warum die jüdische Begräbnisstätte hier errichtet werden musste. Der bereits seines Spitzes beraubte Hügel davor lässt am Fuß noch die Umrisse des in den 1860ern aufgelassenen jüdischen Friedhofs erahnen (speziell die östliche Stützmauer kann man erkennen).
Direkt an der südlichen Außenmauer des Friedhofs vorbei verlief viele Jahrhunderte die vor Hochwasser sichere Straße von Innsbruck nach Hall (bis unten am Inn der Neue Weg, heute Hoher Weg, angelegt wurde). Hinter einem Pfeiler der Hungerburgbahn kann man das Hotel Heimgartl erkennen.

Blick in die Grabungen zur Freilegung der Außenmauern des Alten Jüdischen Friedhofs unter der Leitung von Michael Guggenberger (2007).

Neugierig geworden? So gehts weiter:

Dieser Beitrag hat 9 Kommentare
  1. Ich werfe mal meine zwei Cent ein: auf der Straßenbahnbrücke sind Vorrichtungen für die Fahrleitung zu sehen. Die Linie 4 fuhr ab 28.8.1909 elektrisch bis Landeshauptschießstand. Falls wir auf dem Bild eine funktionsfähige Fahrleitungsanlage sehen, schränkt das den Aufnahmezeitpunkt schon mal ein bisschen auf ca. August 1909 bis zum Abriss der Kettenbrücke 1938 ein. Auf jeden Fall kann man dadurch sagen: irgendwann 1909-1938. So viel zu den Fakten.

    Jetzt folgt der spekulative Teil: ich kann auch in der vollen Onlineauflösung (http://innsbruck-erinnert.at/wp-content/uploads/2020/12/Muehlau-a-scaled.jpg) keine Fahrleitung erkennen. Diese müsste dort, wie auf allen schwer zugänglichen Streckenabschnitten zur Vermeidung einer Bügelentgleisung und Verbesserung der Stromzuführung, doppelt ausgeführt und damit zumindst erkennbar sein. Wenn nun auch am analogen Original, das ja vermutlich noch etwas höher aufgelöst sein dürfte als dieser Scan, unter der Lupe keine Fahrleitung erkennbar ist, habt ihr eine recht sichere Datierung auf Sommer 1909. Sollte die „Triumph Garage“ in diesem Jahr schon existiert haben, deren Werbetafel auf dem winzigen Haus gegenüber des nördlichen Brückenkopfs der Kettenbrücke zu sehen ist, würde das dadurch zumindest nicht negiert. Sollte diese Garage (oder Autowerkstatt?) erst später den Betrieb aufgenommen haben, hätten wir ein neues frühestmögliches Aufnahmedatum. Aber mit Garagen kenne ich mich nicht aus, da muss vielleicht Karl Hirsch ran. 🙂

  2. Der Name Triumph-Garage findet sich in der Innsbrucker Zeitung zum ersten Mal 1919. Auf Grund der Reklametafel muss das Bild zwischen 1919 und 1938 aufgenommen worden sein.
    Gefühlte Datierung 1930 bis 1935.

  3. Für eine Datierung könnten die Häuser am Richardsweg hilfreich sein:
    Das Haus Richardsweg 15 mit den markanten Erkern steht bereits, die Häuser Richardsweg 19 und 17, welche man von hier aus sehen müsste, fehlen jedoch.
    Mithilfe der Baujahre dieser Häuser müsste man die Datierung eingrenzen können.

  4. Sehr auffällig sind die eckigen Bügel, welche auf der Trambahnbrücke über den Bögen zu erkennen sind. Auf einer Ansichtskarte von ca. 1930 sind diese Bügel nicht vorhanden. Falls diese Bügel nachträglich montiert wurden, ist eine Datierung von 1930 bis 1938 gesichert.
    Auf älteren Vergleichs-Ansichten von ca. 1910/20 sind diese Bügel ebenfalls nicht vorhanden.

    1. Diese eckigen Bügel waren eiserne Fahrleitungsmasten, gleich oder ähnlich ausgeführt wie am Westbahnhofviadukt oder auf der stillgelegten alten Mühlbachgrabenbrücke der Stubaitalbahn, wo sie heute noch (fahrleitungslos) vorhanden sind. In der Auflage 3 des „Kreutz“ auch auf einem Foto von 1938 auf Seite 101 zu sehen. Auf die Idee, dass die Fahrleitungsmasten aud der Brücke anfangs andere gewesen sein könnten und ausgetauscht wurden, wäre ich gar nicht gekommen – sehr guter Ansatz! Im „Kreutz“ finde ich kein weiteres Foto, um das zu bestätigen, aber ich werde die restliche Literatur prüfen.

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