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Der Wilde Mann

Der Wilde Mann

Oder genauer gesagt der zweite Wilde Mann: Als Josef Kleistner den Gasthof 1860 in der Museumstraße errichtete, hatte es schon vor zweihundert Jahren einen Wilden Mann gegeben, der in der Herzog-Friedrich-Straße residierte. Um sein neues Gasthaus betreiben zu dürfen, erwarb Josef Kleistner die Wirtsgerechtsame (das Recht Bier auszuschenken, die Anzahl der Konzessionen war limitiert – Ende des 17. Jh. auf lediglich 18 für Innsbruck) des „alten“ Wilden Mannes. Ein Jahr später bekam das Gebäude die Figur des von Josef Streicher modellierten „Wilden“.

Das Gebäude das auf dieser Ansichtskarte von 1914 zu sehen ist, existiert in der damaligen Form nicht mehr, auch die Skulptur am Eck des Hauses ist eine andere. Sie wurde in den 1920er Jahren durch Lois Welzenbacher ersetzt, nun findet sich dort eine Statue des Münchner Künstlers Karl Röhring – dies geschah nicht ohne Protest des Gemeinderates ob dieser „Verunstaltung“. Die Straßenbahn die sich gerade noch ins Bild traut hat zu diesem Zeitpunkt noch kaum ihren zehnten Geburtstag gefeiert.

Noch eine Bemerkung zur Postkarte und Verunstaltung: Wie erwähnt wurde sie im Jahr 1914 verschickt – wem auch immer sie gehörte, er oder sie war anscheinend ganz vom nationalistischen Eifer mitgerissen und hielt es für angebracht, die schöne Karte mit einer eher vulgären Parole gegen Serbien zu versehen.

(Stadtarchiv – Ph-A-24613-40)

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare
  1. G.T.

    Technische Beschreibung: Das Foto wurde mit einer dark-room Folder Gemacht. Das Bild wurde mit albumiee Etwikelt und anschlissend Gefärbt 🙂 Meine Mutter arbeitete hier, ab 1948 für kurze Zeit.

    🙂

    @r

  2. „Zu meiner Zeit“ (hätte nie gedacht, daß ich diese Floskel jemals verwende) war der Gasthof gegenüber dem dargestellten Bilde wohl merklich verkleinert. Da gab es genau an der Ecke Meinhardstraße/Museumstraße den Eingang, über 3 Stufen erreichbar. Das Lokal war sehr gemütlich, ein eher langgezogener Schlauch, aber fein mit weißen Tischdecken gedeckt (also die Tische, nicht das Lokal !) und wenn man da mit jemandem saß und angeregt diskutierte, mutierte es sehr schnell zum „Verhockerlokal“. Gibts heut alles nimmer, vielleicht no die Tiroler Weinstube oder das Bierstindl, vielleicht no das Steden, sonst sind ja alle „Alten“ weg (Lewisch, Hatzl, Innrain etc. etc.). Schade, die waren ein echter Bestandteil meines lieben, gemütlichen Innsbruck…

    1. Die Wiedereröffnung des Gasthofs „Zum wilden Mann“ nach der Renovierung durch Lois Welzenbacher fand am 1. August 1925 statt, Eigentümer war damals der Brauereibesitzer Dr. Adolf Pötsch. Der ATA berichtete darüber am 3. August 1925 auf Seite 6. In diesem Artikel wurden zwar die baulichen Veränderungen – sowohl die Fassade als auch die Innenräume betreffend – beschrieben, auf die Skulptur ist man dabei aber nicht näher eingegangen. Zu ihr heißt es nur „Die alte Figur des „Wilden Mann“ verließ ihren Posten in der Höhe des zweiten Stocks und machte einer modern gestalteten Kunststeinplastik in der Höhe des ersten Stockes Platz.“

      Zu dieser alten (stehenden) Figur schreiben die IN am 25. Juli 1861, S. 3: „In einigen Tagen wird an dem eben fertig gewordenen Klaisner’schen Hause am Ende der Museumsstraße in der dazu freigelassenen Nische ein von Hrn. Streicher angefertigter „wilder Mann“ in collosalen Dimensionen prangen und der vorübergehenden Menge verkünden, daß im Erdgeschosse, wo bereits die Gastwirthschaft eröffnet ist, man sich mit guten Speisen und Getränken erfrischen könne.“
      Der Bildhauer Josef Streicher wohnte in der Meinhardstraße 621 (Innsbrucker Tagblatt, 17. Sept. 1867, S. 6), war quasi ein Nachbar von Herrn Klaisner, vielleicht auch deshalb der Auftrag an ihn? Er hat übrigens im Jahr 1866 – ein Jahr vor seinem Tod – auch eine Marmorbüste des Magistratsrates Georg Erler angefertigt. Diese fand in der Museumstraße 5 ihren Platz u. zw. ausgerechnet unter einem Erker, ein Gebäudeteil, das der Herr Magistratsrat angeblich überhaupt nicht schätzte (IN, 20. März 1907, S 2 – Feuilleton). Die Büste ist dort heute noch zu sehen.

      Am 19. Oktober 1861 fand dann die offizielle Eröffnungsfeier des Klaisner’schen Hauses statt. Darüber wird hier berichtet: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=18611021&query=%22Streicher%22+%22Klaisner%22+%22Mann*%22&ref=anno-search&seite=4
      Vielleicht habe ich Ihre 1. Frage falsch verstanden, Herr Unterholzner, aber wie es aussieht gab es keine Figur „vom Welzenbacher“, sondern eine „für Welzenbacher“ bzw. für seinen Umbau, und das war eben schon 1925 die von Karl Röhrig gestaltete.

      Eine einzige Aufnahme vom Welzenbacher Umbau samt Röhrig Skulptur habe ich bisher gefunden u. zw. in „Der Baumeister – Monatshefte für Architektur und Baupraxis“. In der Ausgabe vom Dezember 1926 hat man sich unter dem Titel „Neue Arbeiten von Lois Welzenbacher – Innsbruck“ mit einigen seiner Werke auseinandergesetzt, u. a. auch mit dem Gasthof „Zum wilden Mann“ (digit. Seite 7 des Artikels, online gestellt von der Bibliothek der Schlesischen Technischen Universität in Gliwice). Mit dem entsprechenden Link hat die IT-Sicherheit des Stadtarchivs meinen Kommentar nicht angenommen, auch nicht mit dem deaktivierten. Der Grund dafür ist vermutlich der, dass die betreffende Adresse keine httpS-Adresse ist. Wer am Artikel Interesse hat und sich von einem Hinweis auf mögliche Viren nicht bedroht fühlt, müsste die Zeitschrift selbst googeln am besten mit dem Zusatz Lois Welzenbacher, dann ist die Seite schnell zu finden.

      Dass es sich bei der Skulptur, die heute in der Museumstraße 28 zu sehen ist, noch immer um das Werk von K. Röhrig handelt, kann ich mir nicht vorstellen, zumal dieses Eckhaus lt. der „Karte der Bombardierungen in Innsbruck 1943-1945“ nicht verschont wurde. Vielleicht hat man anlässlich des Wiederaufbaues die Plastik nach dem Röhrig-Vorbild neu geschaffen? Eine 100%ige Übereinstimmung mit dem heutigen Wilden Mann und dem im o. e. Artikel abgebildeten konnte ich nicht feststellen; sehr ähnlich aber nicht ganz gleich, so scheint es jedenfalls mir.

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