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Der älteste Radweg Der Stadt

Der älteste Radweg der Stadt

In Innsbruck ist eigentlich immer zu wenig Platz. Zwischen Hungerburg und Igls eingeklemmt, herrscht hier ein immerwährender Verteilungskampf um Wohn- wie Straßenraum. Folgerichtig waren und sind die Gehsteige oft recht schmal angelegt, damit die Autos gut durchkommen. Radfahrer sind aus der Sicht der Innsbrucker Herrenfahrer nur dem zügigen Fortkommen hinderlich und sollten im Grunde nicht am Stadtverkehr teilnehmen.

Wenn man im Amtsblatt der Stadt Innsbruck nach Radwegen sucht, erscheint bereits 1939 ein Verweis auf die Errichtung genau des Abschnittes, der hier zu sehen ist. Mit der Eingemeindung Höttings ist erstmals Platz in der Stadt für diese Dinge, scheint es, und wir sehen hier vermutlich den ältesten Radweg der Stadt.

Amtsblatt August 1939

Interessanterweise verschwindet das Thema dann für Jahrzehnte völlig. Wahrscheinlich wurden immer wieder Radwege mitgebaut, aber eine koordinierte Planung oder Vernetzung derselben wurde in Zeiten des Wirtschaftwunders nicht öffentlich diskutiert. Erst Mitte der 1970er Jahre kommen die Radwege wieder in die Zeitung, und mittlerweile haben sich die Innsbrucker Autofahrer schon fast daran gewöhnt, gelegentlich einen Parkplatz oder einen halben Fahrstreifen für die Pedalritter freigeben zu müssen.

Dieser Beitrag hat 17 Kommentare
  1. Danke, als jemand, der sich mit Radwegen und vor allem deren Ausbau beschäftigt, ist dieser spezielle stadtgeschichtliche Aspekt sehr interessant! Zu sehen ist die damalige Bauweise für baulich abgetrennte Radwege, oder zumindest für diesen: ein niedriger Leistenstein, kein Sicherheitsstreifen. Bodenmarkierungen sind keine sichtbar. Aber es gab ein Radwegzeichen, und das sieht interessanterweise einer Ortstafel ähnlich – da frage ich mich, ob das die StVO so vorgab, oder der Radweg nur „informell“ durch die Stadt Innsbruck auf diese Weise beschildert worden war.
    Und die genannten drei Radwegunterführungen – sind sie verschwunden, da es die Straße „Höttinger Au“ in dieser Form ja nicht mehr gibt? Zeigt das Foto die Mittenwaldbahnunterführung vor Errichtung der (beidseitigen?) Radwegunterführungen? Waren das dann 2 der 3? Oder wo waren die? War die dritte etwa jene zum Straßenseitenwechsel bei Vögelebichl, kann es wirklich sein dass die in ihrer ersten Ausführung schon damals gebaut wurde? Ich weiß selber nicht, an wen ich meine Fragen hier richte, sie seien einfach mal in den Raum gestellt. 🙂

    1. Ergänzung: wie auch am Foto zu sehen ist, hat es sich scheinbar bereits damals eingeschliffen, woran wir noch heute in der Museumstraße leiden: Radwege werden ohne geeignete bauliche Anpassungen mitten durch Öffi-Haltestellen durchgeleitet. Da es offenbar schon am ersten Radweg der Stadt solchen Murks gab, kann das mit diesem Wissen jetzt wohl als „Murks mit langer lokaler Tradition“ bezeichnet werden. xD

      1. Mich würde hierzu interessieren, was eine „geeignete bauliche Anpassung“ wäre bzw. wie die Streckenführung hier idealerweise aussehen sollte. Gibt es andere Bereiche in der Stadt, wo das besser gelöst ist?

        1. Ich komme mit der Lösung der Haltestelle Klinik/Uni an der Linie 5 stadtauswärts sowohl als Radler alsauch Fahrgast am besten zurecht. V.a. ist sie für die Fahrgäste barrierefrei und die Anrampung und Umschwenkung motiviert das Bremsen für die Radler.
          Dennoch ist auch diese Lösung umstritten und die Museumsstraße für die unveränderte Anwendung zu schmal.

        2. Die Lösung dort ist m.E. eine Fußgänger*innenzone mit öffentlichem Verkehr und Radverkehr, aber ohne motorisierten Individualverkehr. Gehsteige und markierte Fahrbahnbereiche müssen weg. In den Haltestellenbereichen Bahnsteige mit 24,5 cm Höhe wie überall anders. Für ÖV und Radverkehr sind 15 km/h verordnet. Das bisher geschriebene wäre Grundvoraussetzung für alle Varianten. Die Prioritäten wären in so einer FuZo automatisch: 1. Schienenverkehr, 2. Fußverkehr, 3. Busverkehr, 4. Radverkehr, der Schienenverkehr hätte also immer noch Vorfahrt (das wissen die Zufußgehenden intuitiv und weichen aus – kennt man aus anderen Städten). Die Radfahrenden können dann frei nach beiden Seiten ausweichen, es braucht keine Radfahrstreifen mehr, in den Haltestellenbereichen schützen die entsprechend gestalteteten Bahnsteige die Ein- und Aussteigenden vor Fahrradrowdies.
          Die durchfahrenden Bahnen und Busse geben idealerweise ein permanentes, aber nicht penetrantes Warnsignal von sich; in Städten, in denen es so eine Lösung gibt, ist das meist eine leise Melodie, die permanent abgespielt wird. Manchmal auch ein diskretes Klingeln bei Bedarf.
          Allerdings müsste dazu eine der beiden Gleisachsen etwas nach außen wandern, damit zwischen den Gleisen mehr Platz ist. Und ich weiß nicht, ob die Breite des Straßenraums ausreicht, um alle Richtlinien und Vorschriften bezüglich Rampenneigung, Aufstellflächen an den Haltestellen und Barrierefreiheit für Sehbehinderte einhalten zu können.
          Eines von vielen Beispielen besonders in Deutschland für diese Lösung: https://www.youtube.com/watch?v=0yEgJff4k2Q

          Eine Alternative wäre eine Begegnungszone mit einem geschützen Bereich in Fahrbahnmitte, der als Beidrichtungsradfahrstreifen ohne Benützungspflicht genützt werden könnte. Auch dazu müsste aber ein Gleis nach außen verschoben werden.

          Eine weitere Alternative wäre ebenfalls eine Begegnungs- oder FuZo und die Verlegung der Buslinien auf die Südachse des Innenstadtrings und ebenfalls Verschieben eines Gleises nach außen. Dann würden nur noch in der Mitte Bahnsteige benötigt, da die Straßenbahnen ja auf beiden Seiten Türen haben. Dann wären seitlich Radfahrstreifen ohne Benützungspflicht möglich.

          Die an andeen Stellen in der Stadt realisierte Lösung mit der Außenumfahrung der Bahnsteige durch den Radverkehr ist zwar gut, aber ich denke dass in der Museumstraße dafür die Fußgänger*innenfrequenz zu hoch und die Platzverhältnisse zu eng sind.

          Jedenfalls sind zwei Dinge klar: 1. ich bin hier gerade total abgeschweift und 2. in der Museumstraße muss endlich eine Lösung her, das ist nun schon zu oft aufgeschoben worden. Ich werde jedenfalls weiterhin darauf drängen.

      2. Ich habs eh schon in meinem Kommentar anklingen lassen: Es hat einmal eine Zeit gegeben, wo man noch nicht alles reglementieren hat müssen und ein Radler selbst im Vollrausch eingesehen hat, daß da jetzt Leute ein und aussteigen. Und wenn er es nicht kapiert hat, dann haben die Fussgänger auf ihn aufgepaßt…

  2. Ich kann mich nur noch an die Unterführung unter die damalige B 1 draußen vor der Lohbachsiedlung erinnern. Wir Buben sind da extra nur deshalb mit den Radln hinaus! Meistens sind wir ein paarmal hintereinander gefahren, es war ja ein Erlebnis für uns, die Kurve hinunter und unter der Straße hindurch auf die andere Seite zu kommen.

    Bei uns in Pradl gab es auch schon Radwege – in der Gumppstraße und in der Langstraße, also in den Südtiroler Neubauvierteln

  3. Erste Radwege wurden im Deutschen Reich schon in den 1920ern gebaut, in der „Reichs-Straßen-Verkehrs-Ordnung (RStVO)“ wurde 1934 auch schon eine weitgehende Benützungspflicht dieser Radwege für Radfahrer verordnet. Nach 1938 war dann mit der Übernahme der deutschen Gesetze auch in AT der juristische Rahmen geschaffen um hier Radwege bauen zu können.
    Das im Foto abgebildete Verkehrszeichen „Radweg“ entspricht jenem das in Österreich mit dem Straßenpolizeigesetz 1947 eingeführt wurde und bis zur Einführung der StVo 1960 in Verwendung war.

    Wenn man sich das Luftbild 1940 anschaut kann man auch die drei Radweg-Unterführungen unter der B1 erkennen: im Bereich Vögelebichl, am Ende der Kranebitter Allee, dort wo heute die B171b Richtung Völs abzweigt und bei der heutigen Zufahrt zur Standschützenkaserne.

  4. Ich genieße mehr die Ruhe, die dieses Bild ausstrahlt, wenn man vom Radfahrer rechts absieht, der gerade in geduckter Haltung „Gas“ zu geben scheint.

    Das Fehlen von Radwegen war aus meiner historischen Sicht weniger ein Baumangel als fehlende Notwendigkeit. Als ich noch mit dem Fahrrad als Schüler von der Mandelsbegerstraße in die Angerzellgasse fuhr regelte sich der Verkehr erstaunlicherweise durch quasi freiwillige Einhaltung der StVO. Man befand sich unter den Augen der übrigen Verkehrsteilnehmer auf der Straße, gab seine Richtungsabsichten mittels Handzeichen (ja, was ist das??) kund, die komischerweise auch von den Autofahrern respektiert worden sind. Oft genügte schon ein Kopf zurückdrehen und der Autofahrer stellte sich auf ein Abbiegemanöver ein. Nur die Straßenbahn mit ihrer Unbremsbarkeit und hilflosen Schienenfessel konnte nicht ausweichen. Und bei Nacht war keiner so ein Depp, daß er auf das Licht verzichtet hätte. Gehsteigfahrer wären sowieso am Watschenbäumchen gestreift.
    Radwege waren wegen ihrer schmalen Bauweise, die wegen der lästigen Randsteinleiste das Überholen von Opas und das Nebeneinanderfahren schwierig machten, hingegen eher unbeliebt.
    Temporam mutantur.

    1. Naja, was heißt schon fehlende Notwendigkeit? Ich fahre z.B. mit dem Rad gerne über den Südtiroler Platz. Man kann sich wunderbar in den Fließverkehr einordnen, kommt gut weiter und die Autofahrer(innen) sind an dieser Stelle erstaunlich rücksichtsvoll. Dennoch fühlen sich viele Radfahrer (bitte ab sofort das „-innen“ dazudenken, gerade mit dem Rad sind ja auch sehr viele Damen am Weg!) ohne Radweg einfach nicht sicher. Daher wird heute der Bau von Radwegen gefordert, um diese Menschen dazu zu bringen, das Rad zu benutzen.
      Zur NS-Zeit wurden die Radwege nicht für die Radfahrer, sondern für die Autos gebaut. Die Devise lautete: Radfahrer weg von der Straße, damit die Autos schneller fahren können! Radfahrer wurden als Hindernis betrachtet (dies läßt sich sogar aus dem Artikel vom „Radfahrparadies“ in den Innsbrucker Nachrichten herauslesen…). Die Straßenverkehrsordnung der NS-Zeit sah Vorrang für motorisierte und Nachrang für nicht-motorisierte Fahrzeuge (Pferdefuhrwerke, Fahrräder) vor. Erstaunlich, wie sich die Ideologie auch hier niederschlägt: Platz für das, was als schnell und modern angesehen wird, alles andere wird an den Rand gedrängt. Leider ist dieses Denken wohl bei vielen Verkehrsteilnehmern (und -innen) erhalten geblieben…

      1. Mit NS-Zeit fühl ich mich jetzt doch nicht angesprochen, ich bin ja nicht 103 Jahre alt, gell Manni.

        Damals(!) in den 50ern, 60ern hat sich kein Mensch in der Stadt auf der Fahrbahn regelrecht gefürchtet, weil man mehr aufeinander aufgepaßt hat. Und es auch nicht so eilig gehabt hat. Aufpassen muß man immer. Und geschimpft haben immer dieselben Grantler auch immer.
        Die Autofabrikanten haben mit jedem Modelljahr größere Fenster für bessere Sicht eingebaut. Heute ist die Sicht nach schräg hinten kriminell schlecht, das Auto muß ja laut Werbung ausschauen „wie ein geducktes Tier“, und seit neuestem starren die Autolenker auf den Bildschirm anstatt auf die Straße weil das Bluetooth zickt und man unbedingt mit Amazon verbunden sein möchte. Wie hat schon der alte LHStV Gamper glasklar erkannt:
        „Geschtern ischt nicht heite“

  5. Die Innsbrucker Nachrichten berichten am 4. März 1939 über die Bauarbeiten des Radwegs – sogar mit zwei Fotos! Vielleicht könnte man diese Fotos der Vollständigkeit halber in den Beitrag einbauen.
    https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=19390304&query=%22radweg%22&ref=anno-search&seite=7

    Am 19. Juni 1939 wird Innsbruck auf Grund des neuen Radwegs sogar als Radfahrer-Paradies gelobt….
    https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=19390619&query=%22radweg%22&ref=anno-search&seite=3

  6. Wie es der Zufall will, gibt es genau von dieser Unterführung einen Film vom 3. Mai 1945. Darin sieht man wie die amerikanischen Panzer an dieser Stelle begrüßt werden und weiter Richtung Innenstadt fahren. Weiters sieht man in diesem Filmdokument das eingemauerte Goldene Dachl und viele andere Highlights……

    „Befreiung in Innsbruck, Mai 1945“
    https://www.youtube.com/watch?v=cAXBNYB0jq0

    1. Bin ich froh, daß ich jetzt wieder ungefähr das gleiche geschrieben habe wie im November. Langweilig aber ehrlich. Immer bei der Wahrheit bleiben, zu jedem Bild gibt es eine Gegenrichtung :-.

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